Schweden in XXXL

4 Wochen, 1671 Meilen, Lauterbach – Wismar – Töre – Stockholm

Um es mal genau zu sagen sind das 61,88 Meilen pro Tag, an jedem dieser 27 Segeltage. Wenn man noch 5 Hafentage abzieht sogar 75,95 Meilen pro Tag. Das hört sich nun wirklich nicht nach einem lauschigen Urlaubstörn an. Aber – wenn uns jemand fragt, wie es war, fangen unsere Gesichter an zu strahlen und wir sagen: total schön.

Es war unser großer Törn des Jahres, jedoch nicht mit unserem Schiff, sondern als Mitsegler bei Lars auf seiner Seaside. Hintergrund war die Anmeldung zur Midsummersail und dass Lars uns überreden konnte, mitzusegeln. Wann kommt man denn schon mal da oben hin? An den nördlichsten Punkt der Ostsee – Törehamn. Noch nie waren wir oberhalb der Alands. So hat er (Lars) uns gekriegt. Dies ist also der Drumherumtörnbericht, die Midsummersail gibt`s extra.

Unsere Sachen hatten wir größtenteils schon am 10.06.2023 zu Lars an Bord gebracht, nebst Spi und Spibaum. Am 16. Juni starteten wir in Berlin mit kleinem Gepäck (wer`s glaubt) und Mietwagen. Das war soviel bequemer und teurer als Zug fahren. Können wir gut. Das Auto wurde in Putbus zurückgegeben, ein kleiner finaler Einkauf erledigt und dann abends schließlich nett im Schwarzen Bären in Lauterbach gegessen. Samstag gings los, zunächst haben wir erst mal meinen Geburtstag vergessen, Lars war derjenige, der daran gedacht hatte. Danke Lars. Es folgte ein schöner Segeltag mit ungewissem Ausgang. Aufgrund der Windvorhersage ankerten wir am Bock, gegenüber von Barhöft sehr schön, sehr entspannt, mit abendlicher Livemusik vom Nachbarschiff. Sonntag war Frühaufstehen angesagt, kurz nach Sonnenaufgang bei mäßigem Wind. Der blieb eher mäßig, aber bis zum Warnemünder Fahrwasser lief es trotzdem ganz gut. Dort hörte der Wind auf, einfach so, wir fuhren aus dem Windfeld raus. Mist. Wir hatten wenigstens noch bis Kühlungsborn mit Wind gerechnet, aber war nicht. An also die Knatterkiste. Unser Trost waren die schönen Aussichten – rosa-blauer Himmel und rosa-blaues Spiegelwasser, ein sagenhafter Sonnenuntergang. Und es war angenehm warm. Um 00:51 Uhr waren wir fest am Wasserwanderrastplatz Wismar und nach kochen, essen und trinken rief alles nach Schlaf.

Montag kam Thomas mit dem Zug angefahren, wir gingen noch ein bißchen shoppen, Stadt gucken und nachher noch ins Lieblingscafè. Dort fanden wir ein schattiges Plätzchen im Garten, dem einzigen Ort, wo man die abartige Hitze ertragen konnte. Denn es war Sommer, zum ersten Mal im Leben... äh – oder so. Am Dienstag segelten wir nach Boltenhagen rüber, der Wind kam von vorne und wir kreuzten auf. Um 14:10 Uhr waren wir fest und gingen dann gleich zur Regattaleitung unser „Tütchen“ abholen. Darin befand sich der Tracker, sowie Basecaps für alle. Abends dann ein bißchen Livemusik, Cocktails schlürfen und Feuerwerk.

Dann noch am Mittwoch die Fahrt wieder zurück nach Wismar, hinter die Startlinie. Es herrschte schon ein ziemliches Gedränge und jeder zeigte schon mal, was er hatte, so segeltechnisch. Vom Startschuss bis zum Zieleinlauf sollten 9 Tage, 14 Stunden und 23 Minuten vergehen. Das wußten wir da noch nicht, hofften auf vielleicht 7 Tage, haha. Hier gehört nun der ausführliche Midsummersailbericht hin, bitteschön.

Nach unserer Ankunft in Töre am frühen Morgen des 01. Juli 2023 standen wir noch ewig auf der Pier und trafen die anderen Segler. Schlafen gehen war noch nicht. Die Stimmung war unfassbar, unbeschreiblich, aufgeputscht durch die ausgeschütteten Glückshormone fiel der fehlende Schlaf nicht auf. Nach dem Frühstück schafften wir es gerade so auf 2 Stunden, ehe wir zum Hafenfest wieder aufstanden. Die Nacht wurde schon wieder lang, es gab noch ein Konzert am Hafen. Sonntag schliefen wir dann doch mal wieder länger, ganz ungewohnt. Während wir den Wellnessbereich aufsuchten, fuhren Lars und Thomas mit den Leihfahrrädern in den Ort zum Supermarkt. Abends wurde noch nett im Grillhäuschen gegrillt, erzählt und getrunken bis irgendwann am Morgen. Das war so schön und so hell, da war es wirklich schwer, schlafen zu gehen. Half aber nichts, denn wir wollten halbwegs pünktlich los am Montag, wieder Richtung Süden.

Bei schönen Raumschotkursen gab es Unterwegsfrühstück in den Schären, die Sonne schien noch ein bißchen. Wir segelten an Luleå vorbei und weiter bis kurz vor Piteå, die Sonne war längst hinter Wolken verschwunden und der Wind hatte etwas zugelegt. In Renöhamn waren wir gegen 20 Uhr fest, nicht der schönste Hafen, aber aufgrund der Windvorhersage hatten wir kaum eine andere Wahl. Dienstag war Wind aus Nordost und reichlich und ausdauernder Regen vorhergesagt. Da hatte ein Teil der Crew keinen Bock drauf, auch wenn wir mit dem Wind super vorangekommen wären. Also blieb es ein Gammeltag an Bord, schon für den Toilettengang brauchte man Ölzeug. Am Abend habe ich die Diskussion um die Weiterreise nochmals angestoßen. Noch immer hatte ein Teil der Crew keinen Bock aufs losfahren, aber der günstige Wind sollte so lange nicht mehr bleiben und nach sich eher ausgedehnten Flauten Raum geben. Ich konnte sie schließlich überreden und um 21:10 Uhr legten wir ab, beschlossen auch gleich, unseren 4-stündigen Wachwechsel wieder aufzunehmen. Einen kurzen Schauer mussten wir noch aushalten und dann war der Regen vorbei. Wir segelten wahlweise mit Gennaker, Code Zero und Vorsegel bis Mitternacht des nächsten Tages. Auf Höhe Järnäs war es vorbei mit dem Wind. Das traf sich insoweit gut, als es dort eine sehr schöne und geschützte Bucht gibt, die Einzige weit und breit, mit einem winzigen Hafen und einer SXK-Boje. Die nahmen wir dann, denn der Hafen war mit 3 Schiffen bereits voll. Kurz nachdem wir um 01:45 Uhr fest waren ging die Sonne auf und tauchte alles in einen wunderschönen rötlichen Schein. Schwer, sich davon loszureißen, aber die Mücken halfen ein bißchen nach.

Trysunda

Der nächste Morgen war schon ein Donnerstag. Segeln ging nicht lange und so motorten wir den größten Teil der Strecke. Dafür dann aber das Tagesziel: Trysunda. Genau ein Liegeplatz war für uns noch da. Ein sehr netter Hafenmeister nahm die Leinen ab. Und wir staunten. Über diese schöne und geschützte Bucht und die schönen roten Häuschen am Wasser. Das sah nun wirklich sehr schwedisch aus. Eine kleine Spazierrunde machten wir noch.

Und irgendwie beschloss jeder, ohne dass wir uns abgesprochen hätten, dass der Freitag ein Trysunda-Tag sein würde. Der Tag bestand dann aus Frühstücken, Wäsche waschen, einkaufen, einer großen Inselrunde, Saunagang mit abkühlen in der Ostsee und Abendessen.

Storviken Trysunda
Kapellsberget

Was wir kochten, gibt meine Erinnerung nicht mehr her. Für den nächsten Tag hatten wir uns wieder eine lange Strecke vorgenommen, bis nach Öregrund. Das ist schon kurz vor Stockholm. Die Zeit drängte ja etwas, denn Thomas hatte am Dienstag eine Verabredung mit dem Bus in Gräddö.

Samstag legten wir also zeitig um 07:15 Uhr ab. Etwas traurig waren wir schon, dass wir keine Zeit mehr für eine andere Insel der schönen Högakusten mehr hatten. Das müssen wir irgendwann nochmal nachholen. Wir schafften etwa 135 Meilen unter Segeln, streiften dabei noch ein Gewitter und wurden ein bisschen nass und dann am Sonntag um 14 Uhr starteten wir den Motor. Nachdem wir vorm Wind immer langsamer geworden waren, bei nur noch 2 – 3 Knoten Fahrt, das hätte für die restliche Strecke dann nochmals 15 – 20 Stunden bedeutet. Auch unter Motor zog sich das natürlich, 40 Meilen sind 8 Stunden. Um 21:49 Uhr waren wir nach 175 Meilen in Öregrund fest. Ein netter kleiner Ort, der im Licht der untergehenden Sonne rot leuchtete.

Nach Einkauf und einer kleinen Stadttour verabschiedeten wir uns am frühen Montagnachmittag von Öregrund. Wir legten etwas weiter südlich nochmal an der Tankstelle an, füllten Diesel auf und erfuhren, dass wir hier kein Gas bekommen (dabei liest man das Gegenteil in zahlreichen Foren). Wir waren mittlerweile bei unserer 3. und letzten Gasflasche angekommen und hofften auf baldigen Ersatz. Tagesziel am Montag war Grisslehamn Fiskehamn im Osten. Bei reichlich Wind und im 1. Reff kreuzten wir die gesamte Strecke auf. Die Bucht war schöner, als gedacht und ein netter Liegeplatz für uns vorhanden. Beim Anleger schien die Sonne ins Cockpit und wir genossen das. Es folgte eine Wanderung zur Ornöviken, dem auf der Westseite gelegenen Hafen. Da waren allerdings auch die Mücken. Ach ja, und trotz gegenteiliger Auskünfte gab es auch hier kein Gas.

Und schon begann der Dienstag, mit besten Bedingungen, oder so. Wir wollten 35 Meilen bis nach Gräddö und begannen mit einem Kreuzkurs die Küste antlang. Bei Sonnenschein und ausreichend Wind lief das und machte Spaß. Dann tauchten wir in die Arholmaschären ein, nun ohne Welle kreuzte sich das gleich noch besser, wenn auch der Bootsverkehr deutlich zunahm. Um 15:30 Uhr angelegt trödelte Thomas noch etwas herum beim Packen seiner Sachen und – naja, als wir schon auf dem Weg zu unserem Felsliegeplatz waren, erfuhren wir, dass der Bus ohne ihn gefahren war. Gut, dass der nächste eine Stunde später kam. Nur so nebenbei, auch in Gräddö – kein Gas. Wir jedenfalls waren um 18 Uhr am Felsen fest, ein so cooler Platz, Sonne schien, der Wind kaum spürbar. Wir mussten baden gehen, ging nicht anders. Danach wurden Grill, Grillgut, Wein auf den Felsen verbracht, Salat vorbereitet und anschließend vertilgt. Unfassbar schön!

Mittwoch segelten wir durch die Stockholmschären unserem Ziel entgegen. Mal mit viel, mal mit wenig Wind legten wir 35 Meilen zurück. Noch mehr Bootsverkehr und nun auch große Fähren. Die Ankerbucht – schon wieder ein Traum. Hatten wir gut ausgesucht. Kurz vorher kamen wir an einer Robbe vorbei, die gerade genüsslich einen Fisch zerlegte.

Skipper

Und dann begann der letzte Segeltag, ähm, Motortag, denn der Wind hatte sich abgemeldet, plötzlich und unerwartet. Ach ja, und noch mehr Bootsverkehr. Wir freuten uns auf Stockholm, seid 7 Jahren waren wir nicht mehr dort. Den Liegeplatz in Wasahamn hatten wir eine Woche vorher reserviert, gut so, es war nichts frei. Am frühen Nachmittag waren wir fest, Lars wollte unbedingt in den Mast, na gut, dann ab nach oben. Mit elektrischer Winsch ist das ja nicht anstrengend. Gas gabs übrigens auch – endlich. Kurz darauf tauchte schon Christian auf, der mit Lars zusammen von hier aus zurücksegelte. Nach dem Anleger dann Sachen packen (ich hasse das, schön das Jörg das immer freiwillig macht). Nachmittags fuhren wir mit der Fähre in die Altstadt rüber, die uns gut mit Touristen gefüllt empfing. Zum Abendessen hatten wir im Mårten Trotzig reserviert, gutes Restaurant mit recht gehobenen Preisen. Wir waren vor 7 Jahren bereits dort und wussten, dass es sich lohnt. Auf dem Rückweg kamen wir an einer Bar nicht vorbei und schlürften noch einen Cocktail. Spät kamen wir am Schiff an. Der ganze Trubel vom Nachmittag war vorbei, auch das Gekreische der Achterbahnfahrer des naheliegenden Vergnügungsparks. Wir genossen noch ein bisschen diesen letzten Abend auf dem Boot.

Freitag war dann noch restliches Packen angesagt, danach große Augen aufgrund der Menge und Schwere der Taschen. Und das, obwohl wir eine ganze Tasche mit Sachen an Bord ließen. Am späten Vormittag verabschiedeten wir uns von Lars und Christian und zogen mit unserem Gepäck los zur Straßenbahnhaltestelle. Das war nicht so weit und trotzdem schmerzten schon die Hände. Ich glaube, dass wir eine Station zu früh ausgestiegen sind, denn der Weg zum Bahnhof war etwas länger. Wir brauchten auch mehrere Pausen. Unser Plan war übrigens, das Gepäck ins Schließfach zu sperren und noch für ein paar Stunden die Altstadt zu besuchen. Nur wurde nichts daraus, das Gepäck passte nämlich nicht rein. Mindestens 3 Taschen waren zu groß für jeweils 1 Fach. Zwar fanden wir noch eine richtige Gepäckaufbewahrung, aber mit 330 Kronen pro Stück war es uns dann zu heftig. Das wären dann etwa 100 Euro insgesamt gewesen. Das haben wir abgewählt und uns statt dessen „gemütlich“ auf zwei harten Holzstühlen niedergelassen. Für die nächsten 4 Stunden. Ach egal, manchmal kann man eben nicht alles haben. Zum Trost gab es Kardemommesnurre, die zum Reinlegen waren.

Das letzte Abenteuer war noch die Zugfahrt, mit dem Snälltåget direkt nach Berlin. Um 16: 15 Uhr rollte er ein, unser Wagen war der letzte und das Abteil recht weit am Ende, so brauchten wir das Gepäck nicht so weit durch die engen Gänge schleppen. Unser Abteil war dann auch gleich voll, nur mit uns und dem Gepäck. Dann rauschte der Zug auch schon los. Mit 200 Sachen. Ein paar schöne Aussichten flogen an uns vorbei. Später machten wir uns über das mitgebrachte Baguette und Käse her, sowie eine Flasche Rotwein. Danach folgte der Versuch, zu schlafen. Schon der Bettenumbau war ein ziemlicher Aufwand. Leider waren die Matratzen bretthart und ich fand keine mögliche Schlafposition. Irgendwann am frühen Morgen siegte dann trotzdem die Müdigkeit.

Also Achtung, hier jetzt unser Tip: wenn du jemals mit dem Nachtzug von Stockholm nach Berlin fahren willst (oder umgekehrt, oder irgendeinen Nachtzug in Schweden nehmen willst), nimm den Schlafwagen von SJ und nicht den Snälltåget. Die Betten im SJ sind um Längen bequemer und preislich ist es kein Unterschied.

Aber dafür waren wir pünktlich am Hauptbahnhof. Wir schafften sogar die nächste S3 wenige Minuten später, weil wir nur 2 Gleise weiter mussten. Und so waren wir schon um 9 Uhr zu Hause.

Für 2025 haben wir geplant, mit unserem Schiff die Midsummersail mitzusegeln. Ganz sicher werden wir uns etwas mehr Zeit für den Rückweg nehmen, um die ganzen schönen Orte und Inseln, an denen wir vorbeigerauscht sind, zu entdecken.