Ostwind

Unklar ist, wieso wir solches Glück mit dem Wetter hatten. Ostsee im September ist ja eigentlich schon mal recht kühl so temperaturmäßig. Klar ist, Isabel ist schuld, denn nach ihrem Dienstplan haben wir den Törn geplant. So segelten wir zwei Wochen bei genialem Sommerwetter, dass mit passendem Wind garniert war.

Zeitraum:22. August bis 05. September 2022
Schiffe:Helene D, Seaside (Dehler 36 cws), It`s my life (Dehler Varianta 37)
Mitsegler:Jörg, Synke und Christian, Lars, Renè und Isabel, Thomas, Jule und Vera

Unsere Törnroute: Lauterbach – Barhöft – Gedser – Bagenkop – Langballigau – Dyvig – Åbenrå – Lyø – Barhöft – Lauterbach – Gager – Kröslin insgesamt 453 Meilen, davon 426 unter Segeln

Christian kam Sonntag bei uns in Kröslin an. Wie üblich, wenn wir Mitsegler haben, wurde der Spi ins Auto umgelagert, später auf dem Törn sollten wir das bitter bereuen. Montag fuhren die Jungs nochmal nach Wolgast, um die letzten Dinge einzukaufen, während ich noch ein bisschen Arbeit am Laptop erledigte. Kurz vor 3 legten wir ab. Bei sehr schönem Wind aus nordöstlichen Richtungen ging es schon mal zügig los, nur schwer konnten wir Jörg davon überzeugen, den Gennaker nicht auch zu setzen. Bereits vor 18 Uhr waren wir in Lauterbach fest. Plötzlich und unerwartet kamen Christians Eltern auf einen kleinen Besuch zu uns an Bord, daraus wurde ein netter Abend. Dienstagmorgen trafen Lars und Renè ein und los ging`s. Unser Timing war etwas daneben, wir hätten durchaus die Nachmittagsbrücke in Stralsund schaffen können, aber nicht schlimm. Der Wind war genial, zunehmender Ostwind, also Vorwindkurs. Wir packten den Gennaker aus und glitten übers Wasser. Plötzlich kreuzende Fähren, Winddreher, aufkreuzende Segler von vorn – das waren unsere Herausforderungen. Hat Spaß gemacht und lief super. Gegen 16 Uhr lagen wir unweit der Ziegelgrabenbrücke vor Anker im Päckchen und genossen Kaffee, Kekse und das Hochsommerwetter im Cockpit.

Nach der Brücke kreuzten wir bei Lieblingsbedingungen auf, 8 bis 10 Knoten Wind ohne Welle machen soviel Spaß. Barhöft erreichten wir gegen 19 Uhr. Abends entschieden wir aufgrund der Wettervorhersage für Samstag, nicht durch den Grönsund zu fahren. Sehr schade, zumal sich später herausstellte, dass es gut gepasst hätte.

Drei Tage folgten, immer mit Raumschot-/Vorwindkurs, immer unter Gennaker, immer schnell. Gedser, Bagenkop, Langballigau – ein Klacks. Fast immer mit Sonne, segeln in kurzen Hosen. Besonders anspruchsvoll der Fehmarnbelt. Bei reichlich Wind begann das Surfen auf der achterlichen Welle. Passte man nicht auf, folgte darauf unmittelbar der Sonnenschuss.

Am Freitag dann rauschten wir rüber zur Flensburger Förde, wo wir, auf Vorwindsteuerbordbug, allen Seglern, die da rausgekreuzt kamen ausweichen mussten. Und das waren einige am Freitag Mittag. Halsen mit Gennaker haben wir also reichlich geübt. Gegen 14:30 Uhr war Langballigau querab, Zeit zum Segel bergen. Fest in der Box war dann pünktlich die Sonne wieder da. Zufällig war am nächsten Tag ein Fest des YLL im Hafen, zufällig trafen wir Stefan (unseren Segelmacher des Vertrauens) auf einen kleinen Plausch am Abend, feierten dann noch alle bis in die frühen Morgenstunden. Thomas mit seiner Crew, das dritte Schiff im Bunde, war auch eingetroffen.

Schon war eine Woche um, ziemlich schnell für unser Gefühl. Die Gewitterfront war nicht so eingetroffen, wie vorhergesagt, dafür aber ein kurzfristiger Winddreher auf West. Mit dem frühen Aufstehen wars erstmal vorbei, jetzt kamen die kurzen Schläge. Sonntag nach Dyvig (Als) bei – schon wieder – so perfekten Bedingungen. Nach der Brücke in Sonderborg kreuzten wir bis kurz vor Dyvig auf. Ein schönes Bild haben wir da „gemalt“ auf unserem Track. Dyvig ist ein idyllisch gelegener kleiner Ort. Viel schöne Landschaft drumherum. Als wir nach dem Anleger zu einem kleinen Landausflug aufbrechen wollten, bekamen wir dann doch mal eine kleine Regenwolke ab. Das wurde dann nichts.

Für Montag hatten wir uns die geradezu lächerlich kurze Strecke von 11 Meilen nach Åbenrå vorgenommen. Hier nun wollte Isabel an Bord kommen. Zunächst am Wind, dann mit Halbwind und reichlich Böen waren wir schon wieder schnell unterwegs und am frühen Nachmittag fest. Eine schöne Altstadt empfing uns mit einer lebendigen Einkaufsstraße und vielen kleinen Geschäften, Bars und Cafè´s. So nett hatten wir es gar nicht erwartet. Isabel kam planmäßig mit dem Bus, das klappt in Dänemark anscheinend bestens. Nun komplett starteten wir Dienstag Richtung dänische Südsee, Lyo war das Ziel, und ein Kreuzkurs stand an. Zunächst aus der Bucht heraus gegen die Welle war es etwas ungemütlich, mehrfach überlegten wir, zu reffen. Später ließ der Wind etwas nach und drehte dafür permanent um etwa 30 bis 40° in der Richtung. Wir dachten ja, dass wir später etwas abfallen können, aber der Wind drehte mit und kam schön küstenparallel von vorn. Zwischendurch machte er auch Pausen und es konnte passieren, dass man plötzlich nach einer Wende kaum noch Fahrt hatte. Für die letzten Meilen wurde der Ostwind (ja, schon wieder) dann wieder zuverlässig und passte mit einem Mal besser. Am Wind und mit starker Krängung gaben wir dabei anscheinend ein schönes Bild ab. Kurz nach unserer Ankunft in Lyø sprach uns ein anderer Segler darauf an und sang eine kleine Lobeshymne.

Lyø ist eine schöne kleine Insel in der dänischen Südsee, der Hafen allerdings recht groß. Abends dann auch voll. Mittwoch wollten wir eigentlich bei Avernako ankern, Donnerstag eigentlich nach Marstal auf Ærø. Bereits seit einigen Tagen zeichnete sich jedoch ab, dass zum Wochenende der Ostwind noch deutlich zulegen sollte auf 20 bis 25 Knoten. Leider blieb es dabei. So beschlossen wir Mittwoch Vormittag, dass wir von Lyø direkt zurück segeln. Die Bedingungen passten noch ganz gut. Das war schade, genau darauf hatten wir uns so gefreut. Ist aber manchmal nicht zu ändern beim Segeln. Thomas und seine Crew segelten also allein weiter nach Søby, wir machten einen schönen Inselausflug, besuchten noch den Inselkaufmann und gammelten etwas vor uns hin. Um 19:45 Uhr legten wir ab, unmittelbar vor Sonnenuntergang. Wir hatten einen Wachplan gemacht, wonach immer ein Segler 2 Stunden schläft und sich dann mit dem nächsten abwechselt. Ursprünglich hatten wir nicht damit gerechnet, vor Freitag früh anzukommen.

Zunächst jedoch beschleunigte uns Nordwind an Ærøs Westküste entlang. Es wurde dunkler, der Himmel im Nordwesten war noch orange, die Mondsichel – ebenfalls orange – ging unter, dann kamen die Sterne und die Sternschnuppen und Unterwasserglühwürmchen am Heck. Eine Nachtfahrt, die begeisterte. Gegen 23:30 Uhr verschwand Jörg zum Schlafen. Christian kam etwas verschlafen ins Cockpit, geflasht vom Sternenhimmel. Und Helene D lief einfach gut vor sich hin, bei leichtem Amwindkurs und mittlerer Krängung. Ein paar Stunden später; Jörg kam und ich ging nun schlafen. Die Vorschiffskajüte war durch die dort gelagerten Segel sehr kuschelig und gemütlich und zum Schlafen durchaus geeignet. Sie wollten mich wecken nach 2 Stunden, das war ausgemacht. Als ich wach wurde, war es jedoch schon deutlich hell, kurz vorm Sonnenaufgang und wir waren an Fehmarn bereits vorbei. Während ich Tee kochte, verschwand Christian und die Sonne ging auf. Gedser war nicht weit und es lief immer noch beeindruckend gut. Hatten wir so gar nicht erwartet. Während die Sonne schon wieder wärmte gab es Unterwegsfrühstück und schon war Gedser querab. Leider drehte der Wind jetzt etwas, immer noch zügig unterwegs war klar, dass wir Darsser Ort nicht anlegen können. Fast genau um 13 Uhr hatten wir uns die Tonne Darsser Ort West mit einigen Kreuzschlägen „hart erkämpft“. Bis nach Hiddensee lief es weiter, wie geschmiert. Um 17:40 Uhr bargen wir nach 126 Meilen die Segel und waren gegen 18 Uhr fest in Barhöft. Dieser längere Schlag hat unerwarteter Weise soviel Spaß gemacht, die Bedingungen waren ebenfalls unerwarteter Weise so passend gewesen. Ein Kandidat für den schönsten Segeltag des Törns.

Blieb noch für den Freitag die Strecke bis Lauterbach, bis nach Stralsund unter Motor. Der Wind machte Pause. Nach der Mittagsbrücke begann der Spaß – aufkreuzen bis Palmer Ort. Das war schon wieder sehr cool, Helene D zeigte, was sie kann und wir hängten alle anderen ab. Der Ostwind nahm weiter zu und auf Höhe Palmer Ort stand eine schöne Welle aus dem Bodden gegenan. Zum Endspurt rauschten wir fast mit Halbwind. In Lauterbach angekommen wechselten wir gleich unser Vorsegel, das kleine kam drauf, denn die Vorhersagen für das Wochenende hatten ja reichlich Wind aus Ost versprochen. Das Abschiedsessen gab es im Kormoran, gewohnt gut – ist eine sichere Bank.

Hier trennten sich nun auch unsere Wege am Samstag. Bereits um 10, wegen der späteren Windzunahme, starteten wir und hatten einen Kreuzkurs bei schon reichlich Wind nach Gager. Bereits Mittags da, folgte die erste kleine Wanderung über die sanften runden Hügel des Mönchgutes. Die Sonne schien und so war es trotz des starken Ostwindes immer noch warm.

Strand bei Thiessow

Sonntag wollten wir etwas gegen das ständige Rumgammeln machen und etwas für unsere Bewegung. So wanderten wir nach Altreddewitz in unser Lieblingscafè Mockavino, aßen jeder eines von den ganz unvergleichlich leckeren Stücken Torte, machten auf dem Rückweg einen Abstecher an den Ostseestrand und kehrten über die Berge wieder zurück. 17 Kilometer waren das dann, passend zur Größe der Tortenstücke.

Wir hatten es hinausgezögert, soweit es ging, aber Montag mussten wir nun doch zurück. Gut, dass das kleine Vorsegel drauf war, der Wind war nicht zu wenig und – ratet – immer noch aus Ost. Wenig später, nachdem wir in Kröslin fest waren, gingen dann die richtigen Böen los. Gutes timing also. Segelwechsel und Putzen verschoben wir alles auf das nächste Wochenende, es war einfach zuviel Wind.

Überraschend war insbesondere die lang andauernde Ostwindlage. Westwind ist ja eigentlich die vorherrschende Windrichtung in der westlichen Ostsee. Übereinstimmend stellten wir alle fest, was das für ein schöner Segeltörn gewesen ist und was wir doch auch für Glück mit dem Wetter hatten. Wir denken, dass wir das wiederholen werden, nächstes Jahr. Dann ist definitiv Omø mit dabei, das haben wir nicht geschafft, und Marstal und Mommark und . . . . . .